Als Muslimische Jugend Österreich widmen wir unseren diesjährigen Schwerpunkt dem Thema "MuslimInnen gegen Antisemitismus".

Wir haben diesen Schwerpunkt ganz bewusst gewählt: Das Thema “muslimischer Antisemitismus” kommt im Islam- und Integrationsdiskurs inzwischen regelmäßig vor. Er wird immer wieder als Argument gegen MuslimInnen, gegen EinwanderInnen und gegen Geflüchtete gebracht - dabei werden diese drei Begriffe fast durchgehend synonym verwendet.

Wir wollen diesen gesellschaftlichen Diskurs jedoch nicht unkritisch übernehmen. Wir wollen genau hinsehen, wir wollen reflektieren und wir wollen mitgestalten. Bisher haben in Österreich nur andere das Wort ergriffen. Wir möchten uns aus innermuslimischer Perspektive mit diesem Diskurs auseinandersetzen. Denn wir scheuen uns nicht, auch heikle Themen aufzugreifen und uns selbstkritisch mit unserer Community zu befassen.

Das Thema Antisemitismus ist für uns zu ernst und zu wichtig, als dass wir es nur oberflächlich bearbeiten. Als Jugendorganisation ist uns das friedliche Zusammenleben unserem Land ein großes Anliegen. Deshalb ist die Beschäftigung mit dem Antisemitismus für uns nicht neu. In unseren Statuten steht, dass wir uns zum aktiven Einsatz gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie, Sexismus sowie auch gegen alle anderen menschenfeindlichen Einstellungen und Diskriminierungen jeglicher Art verpflichten.

Im Rahmen unseres Schwerpunkts wollen wir uns deshalb auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Antisemitismus befassen. In der Vorbereitung auf dieses Projekt haben wir uns mit verschiedenen ExpertInnen beraten und die Inhalte entsprechend konzipiert. Uns ist es wichtig, dieses Projekt als einen Lernprozess zu betrachten, sowohl für unsere Organisation, als auch unsere Zielgruppe der muslimischen Jugendlichen und darüber hinaus die muslimische Community als Ganzes.

In der Auseinandersetzung sind die Aspekte Bildung und Begegnung für uns zentral und ziehen sich wie ein roter Faden durch das Programm. An dieser Stelle möchten wir Ihnen einen Ausblick auf die geplanten Programmpunkte präsentieren.

  • Antisemitismus im historischen Verlauf: Hier wird es darum gehen, die Ursprünge und historischen Formen des Antisemitismus in Zusammenarbeit mit Andreas Peham aufzuarbeiten.
  • Heutige Erscheinungsformen des Antisemitismus: Hier wird es darum gehen, dass Jugendliche befähigt werden, Antisemitismus in unserer Gesellschaft zu erkennen. Sie sollen auch lernen, wie sie dagegen argumentieren und dem entgegentreten können.
  • Islam und Antisemitismus: Wenn medial die Rede vom sogenannten muslimischen oder sogar „islamischen Antisemitismus” die Rede ist, wird oftmals mittransportiert, dass der Islam eine insbesonders problematische Beziehung zu JüdInnen habe. Wir möchten uns deshalb aus theologischer und historischer Perspektive dieser Frage nähern. Für uns gibt es keinen islamischen Antisemitismus, sondern einen islamisierten völkischen Antisemitismus.
  • Ist der antimuslimische Rassismus der neue Antisemitismus? Immer wieder ist in öffentlichen Debatten auch die Rede davon, dass Islamophobie der neue Antisemitismus sei. Wir stehen einer solchen Gleichsetzung kritisch gegenüber. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass verschiedene rassistische Marginalisierungsprozesse und Ausgrenzungsmechanismen über Ähnlichkeiten verfügen.
  • Direkte Begegnungen zwischen MuslimInnen und JüdInnen: Aus unserer Erfahrung in der Jugendarbeit wissen wir, wie wichtig es ist miteinander statt übereinander zu sprechen. Daher wollen wir Begegnungsräume für einen regen Austausch schaffen. Es geht hier weniger um einen interreligiösen Dialog auf theologischer Ebene, sondern vielmehr darum Erfahrungen aus den unterschiedlichen Lebensrealitäten kennenzulernen.

Neben dem Aufsuchen von bedeutenden Einrichtungen wie dem Jüdischen Museum Wien, dem Stadttempel und dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, möchten wir im Rahmen einer Studienreise nach Auschwitz muslimischen Jugendlichen die Möglichkeit geben, eine der wichtigsten Gedenkstätten Europas zu besuchen. Abschließend möchten wir unsere besondere Freude ausdrücken, dass wir kürzlich eine Zusage von einer Zeitzeugin für ein Gespräch erhalten haben.

Als Teil der aktiven Zivilgesellschaft in unserem Lande, möchten wir gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften einen Beitrag für eine diskriminierungsfreie Zukunft leisten. Dieses Projekt soll ein kleiner aber wichtiger Schritt in diese Richtung sein.